Intervalle bestimmen: Tonabstand erkennen inklusive Übung

Yacine Khorchi
Yacine Khorchi

Co-Founder | Klavierlehrer

Letzte Aktualisierung: 05.07.2023

Intervalle beschreiben den Abstand zwischen zwei beliebigen Tönen. Sie sind eine der grundlegendsten Themen der Musiktheorie und sind deshalb essentiell für viele weitere Bereiche, wie zum Beispiel die Lehre von Dreiklängen, Vierklängen, der Stufenlehre oder der Improvisation.

Jedes Intervall hat seinen eigenen Klangcharakter. Du solltest dich früher oder später darum bemühen, jedes Intervall auch nur durch Hören bestimmen zu können.

Im Folgenden findest du die theoretischen Grundlagen, so dass du auf dem Papier Intervalle unterscheiden kannst.

Chromatische Tonleiter mit Halbtonschritten

Um Intervalle bestimmen zu können, ist es nützlich die chromatische Tonleiter zu kennen.

In anderen Kulturen gibt es zwar häufig auch Viertel oder Achteltöne, aber die kleinste Einheit, die in unserer abendländischen Kultur vorherrscht, ist ein Halbton. Am Klavier ist ein Halbton der Abstand zwischen zwei direkt benachbarten Tasten (Bsp. C zu Cis, F zu E).

Die chromatische Tonleiter besteht, anders als die Durtonleiter, nur aus Halbtonschritten (Abk. HTS). Sie enthält also alle Töne, die dir die Klaviertastatur zur Verfügung stellt. Sie wandert immer zur nächsten direkt benachbarten Taste.

In der folgenden Abbildung siehst du die chromatische Tonleiter von Ab‘ bis Ab‘‘:

Intervall Oktave

Fangen wir mit einem großen Intervall an: der Oktave.

Eine Oktave beschreibt ein Intervall, bei dem der zweite Ton, derselbe Ton ist, wie der erste, nur in der Lage darüber/darunter.

Die Oktave ist 12 Halbtonschritte lang.

In der Abbildung siehst du eine Oktave nach oben von F‘ zu F‘‘ und von F‘‘ wieder eine Oktave nach unten zurück zu F‘.

Diatonische Intervalle

In der Abbildung siehst du eine Durtonleiter von F‘ bis B‘‘.

In einer Durtonleiter sind, bezogen auf den Grundton (in diesem Fall der Ton F, da F-Dur-Tonleiter), alle diatonischen Intervalle enthalten.

Vom Grundton (F‘) zu

  • F‘ heißt das Intervall (reine) Prime (das Intervall zwischen zwei gleichen Tönen)

  • G‘ heißt das Intervall (große) Sekunde

  • A‘ heißt das Intervall (große) Terz

  • B‘ heißt das Intervall (reine) Quarte

  • C‘‘ heißt das Intervall (reine) Quinte

  • D‘‘ heißt das Intervall (große) Sexte

  • E‘‘ heißt das Intervall (große) Septime

  • F‘‘ heißt das Intervall (reine) Oktave

  • G‘‘ heißt das Intervall (große) None

  • A‘‘ heißt das Intervall (große) Dezime (entspricht großer Terz plus Oktave)

  • B‘‘ heißt das Intervall (reine) Undezime (entspricht reiner Quarte plus Oktave)

Alterierte Intervalle

Wenn man ein diatonisches Intervall um einen Halbton verändert, erhält man ein alteriertes Intervall. Grundsätzlich gibt es zu den Intervallnamen fünf Attribute: vermindert, klein, groß, rein, übermäßig.

Wenn man eine große Sekunde/Terz/Sexte/Septime um einen Halbton nach unten alteriert, erhält man eine kleine Sekunde/Terz/Sexte/Septime.

Wenn man eine große Sekunde/Terz/Sexte/Septime um einen Halbton nach oben alteriert, erhält man eine übermäßige Sekunde/Terz/Sexte/Septime.

Wenn man eine kleine Sekunde/Terz/Sexte/Septime um einen Halbton nach unten alteriert, erhält man eine verminderte Sekunde/Terz/Sexte/Septime.

Eine reine Sekunde/Terz/Sexte/Septime gibt es nicht. Es gibt nur reine Primen/Quarten/Quinten/Oktaven.

Wenn man eine reine Prime/Quarte/Quinte/Oktave um einen Halbton nach unten alteriert, erhält man eine verminderte Prime/Quarte/Quinte/Oktave.

Wenn man eine reine Prime/Quarte/Quinte/Oktave um einen Halbton nach oben alteriert, erhält man eine übermäßige Prime/Quarte/Quinte/Oktave.

Eine große oder kleine Prime/Quarte/Quinte/Oktave gibt es nicht.

Intervalle bestimmen mit Hilfe von Halbtonschritten

Das klingt bis jetzt natürlich erstmal sehr kompliziert. Es gibt aber noch eine weitere Variante Intervalle zu bestimmen, nämlich mit Hilfe von Halbtonschritten.

Der Abstand von C‘ zu Cis‘ ist ein Halbtonschritt. Man startet bei C und „wandert“ sozusagen eine Taste weiter (also ein Schritt). Von C‘ zu D‘ wären es somit 2 Halbtonschritte. Jedes Intervall kann man so einer gewissen Zahl von Halbtonschritten zuordnen:

0 Halbtonschritte (HTS)

Prime

1 HTS

Kleine Sekunde/Übermäßige Prime

2 HTS

Große Sekunde/Verminderte Terz

3 HTS

Kleine Terz/Übermäßige Sekunde

4 HTS

Große Terz/Verminderte Quarte

5 HTS

Reine Quarte/Übermäßige Terz

6 HTS

Übermäßige Quarte/Verminderte Quinte

7 HTS

Reine Quinte/Verminderte Sexte

8 HTS

Kleine Sexte/Übermäßige Quinte

9 HTS

Große Sexte/Verminderte Septime

10 HTS

Kleine Septime/Übermäßige Sexte

11 HTS

Große Septime/Verminderte Oktave

12 HTS

Reine Oktave/Übermäßige Septime

13 HTS

Kleine None/Übermäßige Oktave (entspricht kleine Sekunde plus Oktave)

14 HTS

Große None/Verminderte Dezime (große Sekunde plus Oktave)

15 HTS

Kleine Dezime/Übermäßige None (kleine Terz plus Oktave)

16 HTS

Große Dezime/Verminderte Undezime (große Terz plus Oktave)

17 HTS

Reine Undezime/Übermäßige Dezime (reine Quarte plus Oktave)

18 HTS

Übermäßige Undezime/Verminderte Duodezime (übermäßige Quarte plus Oktave)

Mittels dieser Tabelle erkennst du bei wie vielen Halbtonschritten welche Intervalle vorliegen.

Enharmonische Verwechslung

Jetzt wunderst du dich vielleicht, warum in der Tabelle in der rechten Spalte mehr als eine Bezeichnung steht. Welche Bezeichnung trifft denn nun zu?

Das führt uns zur enharmonischen Verwechslung. Eine enharmonische Verwechslung tritt ein, wenn zwei Töne mit unterschiedlichen Namen auf der Klaviatur die gleiche Taste besetzen und gleich klingen.

Dass es für die gleiche Anzahl an Halbtonschritten mehrere Bezeichnungen gibt, ergibt sich aus den alterierten Intevallen.

Beispiel enharmonischer Verwechslung

Die große Sekunde (D) und große Terz (E) liegen zwei Halbtonschritte auseinander. Auf der Klaviertastatur siehst du, dass nur eine Taste zwischen beiden Tönen liegt. Dennoch kann man die große Sekunde um einen Halbton nach oben alterieren (man erhält eine übermäßige Sekunde) und die große Terz einen Halbton nach unten alterieren (man erhält eine kleine Terz). Das heißt auf die Taste dazwischen können beide Bezeichnungen zutreffen.

Welche Bezeichnung zutrifft, ergibt sich aus dem Notenbild.

Links in der Abbildung siehst du eine übermäßige Sekunde und rechts eine kleine Terz.

Links wird das diatonische Intervall „große Sekunde“ (C zu D) durch ein #-Vorzeichen um einen Halbton nach oben alteriert. Daraus ergibt sich eine übermäßige Sekunde (C zu Dis).

Rechts wird das diatonische Intervall „große Terz“ (C zu E) durch ein b-Vorzeichen um einen Halbton nach unten alteriert (verändert). Daraus ergibt sich eine kleine Terz (C zu Es).

Dieses Prinzip, dass die beiden Töne gleich klingen, aber im Notenbild anders aussehen, nennt man enharmonische Verwechslung.

Übung um Intervalle zu bestimmen

Versuche in folgender Abbildung in den Takten die Intervalle zu erkennen. 

Die Lösungen zu den Intervallen der 12 Takte (von links nach rechts) findest du unterhalb der Abbildung.

(Nicht spicken!)

Lösungen:

  1. Reine Quinte

  2. Große Sekunde

  3. Kleine Sexte

  4. Große Terz

  5. Kleine Sekunde

  6. Verminderte Quarte

  7. Kleine Septime

  8. Reine Quinte

  9. Große None

  10. Kleine Dezime (entspricht kleiner Terz plus Oktave)

  11. Übermäßige Undezime (entspricht übermäßigen Quarte plus Oktave)

  12. Reine Prime

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